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verstandenBild: Doreen Träger
„Der frühe Vogel fängt den Wurm“, den Spruch kennt jede*r. Es ist die wörtliche Übersetzung des englischen „The early bird catches the worm“, und wir loben damit die fleißigen früh Aufstehenden über den grünen Klee. Dafür gab (und gibt) es eigentlich ein eigenes deutsches Sprichwort, „Morgenstund‘ hat Gold im Mund“ lautet es. Aber ist es eigentlich das, was die Britinnen und Briten mit ihrem frühen Vogel ausdrücken wollen, oder soll uns vielmehr gesagt werden, wer früher da ist, ist vorher an der Reihe, oder: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“? Möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich. Schließlich loben auch die Brit*innen eher die Lerchen unter den Menschen, nicht die Nachteulen: „Early to bed and early to rise makes a man healthy, wealthy and wise“, „Früh zu Bett und früh aufstehen macht einen Mann gesund, wohlhabend und weise“. Und eine Frau sicher auch. Ein Satz, der auch durch häufiges Wiederholen nicht wahrer wird. Es gibt zahlreiche Gegenbeweise, sowohl arme kranke Frühaufsteher*innen wie reiche gesunde lang Schlafende. „Abends wird der Faule fleißig“ war ein Spruch meines Schwiegervaters. Er sagte es immer mit einem breiten Lächeln, so als meinte er es nicht ernst. Aber für sich genommen steckt schon ein wenig Kritik darin: Wer seine Arbeit nicht früh genug anfängt, muss sich beeilen, wenn der Tag zu Ende geht. Man könnte das aber auch umdrehen. Warum nicht „Abends wird der Fleißige faul“? Wer glaubt, sein Tagwerk getan zu haben, legt sein Werkzeug aus der Hand. Und schon stehen die Personen besser da, die ihren Tag langsam angehen lassen, weil ihre innere Uhr anders läuft.